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"Schmale Pfade"

von Alice Greenway

 

Schmale Pfade

 

Ein sehr bewegender Roman mit langem Nachhall, großartig erzählt.

 

 

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Klappentext:

Der Besuch ist alles andere als eine willkommene Überraschung: Endlich war es Jim Kennoway gelungen, sich nach einer Reihe von Schicksalsschlägen in die Einsamkeit einer Insel vor Maine zurückzuziehen, da taucht ein ungewöhnliches Mädchen bei ihm auf. Der einst angesehene Ornithologe ahnt, woher sie kommt und welche Fragen sie ihm stellen könnte – doch wünscht er sich um keinen Preis, an den Krieg, seine Jugend oder gar seine große Liebe erinnert zu werden …

 

Zum Inhalt:

Jim Kennoway, 1903 geboren, ist ein gebrochener und verbitterter Mann, als er sich im Jahr 1973 in das Sommerhaus seiner Kindheit zurückzieht. Er will allein sein, und von nichts und niemandem gestört werden. Doch dann erhält er ungewollt überraschenden Besuch: Die junge Salomonerin Cadillac Baketi. Sie soll den Sommer bei Jim verbringen,   um sich in den USA einzuleben, bevor sie ihr Medizinstudium in der Yale University antritt. Durch ihre Herkunft werden bei Jim jahrzehntelang verdrängte Erinnerungen geweckt. Erst recht, als die ungezwungene Cadillac Fragen stellt, zu denen sich bisher niemand getraut hätte. Durch ihre ehrliche und behutsame Art findet sie nach und nach Zugang zu Jim, und bei dem ehemaligen Ornithologen öffnet sich ein Ventil. Die Erinnerungen überfluten ihn förmlich, während er Rückschau auf sein bisheriges Leben hält und vieles bereut. Reue über Fehler, die von ihm gemacht wurden, und vor allem Reue darüber, dass er einst die Vogelkunde über die Liebe stellte.

Bereits in Kindertagen fühlte sich der schon immer introvertierte Jim am wohlsten, wenn er sich in die Natur zurückziehen konnte. Einschneidende Erlebnisse in seiner Jugend sollten ihn allerdings für immer prägen. Der Junge liebte die Natur und vor allem die Welt der Vögel, und wurde somit zu einem leidenschaftlichen Vogelkundler und zu einem anerkannten Ornithologen. Die traumatisierenden Erfahrungen während der Dienstzeit im zweiten Weltkrieg, sowie einige falsch getroffene Entscheidungen, trieben Jim dann später in die Alkoholabhängigkeit und zur   Nikotinsucht. Als im Jahr vor seinem Rückzug in das Sommerhaus eine Beinamputation erforderlich wurde, brach für Jim endgültig alles zusammen. Er fühlte sich abgeschnitten von der Welt und seinen bisherigen Möglichkeiten. Eine Katastrophe für einen Mann, der bisher ein derart selbstbestimmtes Leben führte.

 

Mein Fazit:

Mit „Schmale Pfade“ ist der Autorin Alice Greenway ein äußerst beeindruckendes und sehr bewegendes Werk gelungen. Das Leichtigkeit vermittelnde Cover lässt allerdings nicht die inhaltliche und emotionale Wucht vermuten, die in dieser Lektüre steckt. Durch gekonnt eingesetzte Sprache werden für den Leser die Gefühle der Protagonisten spürbar gemacht und Handlungsorte vor dem inneren Auge lebendig. Die zeitlichen Rückblenden, die Sprünge zu den unterschiedlichen Schauplätzen, sowie die wechselnd eingenommen Blickwinkel erfordern Aufmerksamkeit, können durchaus anstrengend sein und brauchen eventuell eine Eingewöhnungsphase. Auf der anderen Seite ergibt sich dabei ein immer klareres Bild von der Hauptfigur Jim Kennoway. Überhaupt wurden sämtliche Charaktere sehr fein und glaubwürdig herausgearbeitet, wobei mir Cadillac Baketi ganz besonders gefallen hat.

Bildhafte Naturbeschreibungen lockern den oftmals recht bedrückenden Lesestoff auf und sorgen für Entspannung, und ganz nebenbei wird der Leser in die Welt der Ornithologie eingeführt. Hier und da wurden mir die naturkundlichen Ausführungen allerdings etwas zuviel. An dieser Stelle hätte ich mir mehr über die Personen gewünscht, die im Buch nach meiner Ansicht etwas zu kurz kamen, obwohl sie eine wichtige Rolle in Jims Leben spielten.

Doch insgesamt gesehen ist dieser Roman unbedingt empfehlenswert und dürfte auch der anspruchsvollen Leserschaft zusagen. Eine eindringliche und aufwühlende Lektüre mit starken Charakteren, einer mitreißenden Lebensgeschichte und einem Hauptprotagonisten, der polarisiert. Die Autorin wahrt eine gewisse Distanz zu den   Handlungsgeschehnissen und ihren Romanfiguren, bewertet nichts, und lässt dem Leser damit freien Raum für eigene Gedanken und Auslegungen. Nach einem berührenden und versöhnlichen Ende des Buches bleibt viel Stoff zum Nachdenken, und ich empfand tiefes Mitgefühl für den vom Leben gezeichneten Jim Kennoway.

Zunächst tendierte ich aufgrund meines oben genannten Kritikpunktes, der allerdings Ansichtssache ist, zu vier   Sternen. Die großartige Erzählkunst und das hervorragende Einfühlungsvermögen der Autorin verdienen in meinen Augen dann aber einen Extrapunkt. Deshalb vergebe ich für diese herausragende Leseerfahrung sehr gerne fünf Sterne.



Autor: Alice Greenway

Buch:  Schmale Pfade

Erscheinungsdatum: Februar 2016

ISBN: 9783866482326

Verlag: Mare Verlag

 

 

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